Groß St. Martin, Köln

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Groß St. Martin

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Groß St. Martin ist eine der zwölf erhaltenen romanischen Kirchen in Köln. Sie steht in der Altstadt und ist eng umbaut mit Wohn- und Geschäftshäusern vor allem der 1970er und 80er Jahre. Die dreischiffige Basilika mit ihrem kleeblattförmigen Ostchor und dem quadratischen Vierungsturm mit vier Ecktürmchen ist eines der markantesten Wahrzeichen im linksrheinischen Stadtbild.

Die Basilika wurde im 12. Jahrhundert in der Rheinvorstadt, einer ehemaligen Rheininsel, auf den Fundamenten römischer Bauten errichtet. Über mehrere Jahrhunderte diente sie als Stiftskirche einer Benediktinerabtei, bis sie im 19. Jahrhundert nach der Säkularisation als Pfarrkirche genutzt wurde. Luftangriffe während des Zweiten Weltkriegs richteten – wie in ganz Köln – erhebliche Zerstörungen an der Kirche an. Der Turm wurde bis 1965 wiedererrichtet; insgesamt dauerten die Restaurierungarbeiten bis 1985 an, und 40 Jahre nach Kriegsende wurde die Kirche neu geweiht.

Heute steht Groß St. Martin als Gotteshaus für Gläubige und Besucher offen. In der neu geschaffenen Krypta können Ausgrabungen aus römischer Zeit besichtigt werden.

Durch die Bezeichnung Groß St. Martin wird die Basilika von der deutlich kleineren und möglicherweise älteren, ebenfalls dem Heiligen Martin gewidmeten Marktkirche unterschieden, von der nur der Turm erhalten ist und die als Klein St. Martin bekannt ist. Johann Peter Weyer, Kölner Stadtbaumeister von 1822 bis 1844, schrieb dazu:

Geschichte

Die Geschichte Groß St. Martins ist eng verbunden mit der Geschichte der zugehörigen Benediktinerabtei, so dass Entscheidungen der Abtei oft auch die Kirche betrafen. Aus der Gründungszeit von Stift und Kirche sind nur wenige Dokumente oder Baunachrichten überliefert, weshalb sich die Erkenntnisse zum Bau zusätzlich auf archäologische Befunde sowie auf kunsthistorische Überlegungen stützen.

Archäologische Befunde über römische Vorgängerbauten

Das Gelände um Groß St. Martin gehörte ursprünglich zur einer dem römischen Köln (Colonia Claudia Ara Agrippinensium) vorgelagerten Rheininsel östlich des Prätoriums. Ausgrabungen in den Jahren 1965/66 und 1973–79 ergaben, dass es seit dem ersten Jahrhundert n. Chr. bebaut war.

Als Erstbebauung wurde eine ummauerte Platzanlage von mindestens 76 m ostwestlicher Länge und 71,5 m Breite identifiziert, in deren Inneren sich eine 55,7×43,8 m große, leicht vertiefte Fläche sowie ein 34×17,2 m und 1,7 m tiefes Wasserbecken befand. Nördlich der Alpen sind bisher keine vergleichbaren Anlagen bekannt. Da auch keine Nachrichten über ihre Nutzung überliefert sind, können nur Vermutungen angestellt werden: Die große Fläche wird als Sportplatz (palaestra) gedeutet, das Wasserbecken als Schwimmbad (natatio) oder als Lagerbecken für Fische und Muscheln der Rheinfischer. Eine weitere Theorie spricht von einem heiligen Bezirk, eventuell auch dem Standort der immer noch unbekannten Ara Ubiorum .

In der Mitte des zweiten Jahrhunderts wurde das Gelände um etwa 1,5 bis 2 m aufgeschüttet, und es wurden vier dreischiffige Hallen im Süden, Osten und Westen errichtet. Ihre Lage direkt am Rheinufer sowie Form und Anordnung deuten auf eine Nutzung als Lagerhallen (horrea) für Handelsgüter hin. Eine Mauer zur Nordseite begrenzte die neue, etwa 7000 m² große Platzanlage.

Zumindest die vierte, die süd-östliche Halle, wurde auch nachantik genutzt. Dreimal wurde ein neuer Estrich aufgebracht, der den jeweils älteren überdeckte. Die bisher glatten Sandsteinpfeiler wurden nachträglich mit einer profilierten Basis versehen, von denen nicht klar ist, ob sie noch aus römischer oder schon aus frühmittelalterlicher Zeit stammen. In den Estrich eingeschlossene Scherben aus Pingsdorfer Keramik stammen jedoch aus der karolingischen Epoche.

Zudem wurde 1965/66 entlang der Mittelachse der Kirche in einem langen Schnitt die Stratigrafie (Bodenschichtung) untersucht. Bis zu einer Tiefe von ca. 2 m unter dem Kirchenboden wurde eine Fülle mittelalterlicher und neuzeitlicher Bestattungen gefunden .

Annahmen zur Gründung der Martinskirche und falsche Chroniken

Für die Gründung von St. Martin gibt es für die Zeit vor dem 10. Jahrhundert keine Zeugnisse; der Kölner Historiograph Aegidius Gelenius erwähnt in seinem 1645 erschienenen "Lobpreis der Stadt Köln" (De admiranda sacra et civili magnitudine Colonia) eine mögliche Entstehung in vorkarolingischer Zeit. Demnach sollen die Missionare Viro und Plechelmus, die mit Suitbert – dem späteren Abt des Klosters Kaiserswerth – an den Rhein kamen, Kloster und Kirche gegründet haben; dabei seien sie vermutlich von Pippin dem Mittleren und Plektrudis, den Gründern von St. Maria im Kapitol 16, unterstützt worden.

Auf diese Gründungstheorien stützte sich ein angeblich aus dem 13. oder 14. Jahrhundert stammendes Chronicon Sancti Martini Coloniensis, das bis zum Ende des 19. Jahrhunderts als Quelle für die Abtei- und Kirchengeschichte galt: St. Martin sei durch den Schotten Tilmon, der im Jahr 690 eine Kapelle erbaut habe, gegründet worden; diese sollte durch Viro, Plechelmus und Otger im Jahre 708 in ein Kloster umgewandelt worden sein. Lückenlos dokumentierte die Chronik die Namen der Äbte seit frühester Zeit und beschrieb Ereignisse wie die Zerstörung von Kloster und Kirche durch die Sachsen im Jahre 778, als Karl der Große in Spanien stritt. Danach habe einer von Karls Paladinen, der Dänenfürst Olger, das Bauwerk auf eigene Kosten unter Beihilfe Karls wieder aufbauen lassen, und Papst Leo III. habe während seines zweiten Besuchs in Köln 805 zwei Altäre geweiht. Für die Jahre 846 und 882 wurde von einer Zerstörung durch die Normannen berichtet, von der Kloster und Kirche sich nur schwer erholt hätten.

Erst im Jahr 1900 entlarvte Otto Oppermann die gesamte Chronik als Fälschung von Oliver Legipont, einem Benediktinermönch an St. Martin aus dem Jahr 1730.

Eine Gründung von Kloster und Kirche in fränkischer Zeit (5.–9. Jahrhundert) ist also nicht belegbar, wird jedoch zuweilen auch aufgrund des Schutzheiligen Martin von Tours vermutet, da dieser als beliebtester Heiliger der Franken gilt und die meisten Kirchen unter diesem Patrozinium im 7.–9. Jahrhundert gegründet wurden.

Stiftsgründung und Bau des Klosters im 10.-11. Jahrhundert

Als gesichert gilt heute die im Lorscher Codex erwähnte Gründung durch den Kölner Erzbischof Bruno I. (953–965) als Chorherrenstift zu Ehren von Martin von Tours. Bruno führte die Martinskirche in seinem Testament unter den zu berücksichtigenden Kirchen auf und beschenkte sie bereits zu Lebzeiten mit den Reliquien des St. Eliphius, der zum zweiten Patron von Groß St. Martin wurde; seine Reliquien wurden von Toul in das neu gegründete Stift übertragen.

Die Koelhoffsche Chronik notierte 1499, dass Erzbischof Warin von Köln (976–985) Groß St. Martin habe ausbessern lassen:
:"Also kam er wieder nach Köln und besserte das Münster zu dem großen Sankt Martin zu Köln aus, das alt und verfallen war, und begabte (beschenkte) dieses reichlich." Auch dies deutet auf ein höheres Alter hin. Warin von Köln soll auch seinen Lebensabend in dem Stift verbracht haben.

Gesichert ist, dass Erzbischof Everger (985–999) das Stift durch Schenkungen im Jahre 989 in ein Schottenkloster umwandelte, welches durch irische Benediktiner ("Schotten") bewohnt wurde. Die Einführung der Schotten in Groß St. Martin fällt zwischen die ersten irischen Niederlassungen in merowingisch-karolingischer Zeit und die sich seit Mitte des 11. Jahrhunderts um Regensburg gruppierende Kongregation von benediktinischen Schottenklöster.

Nach und nach wurden dann im 11. Jahrhundert die Schotten durch einheimische Mönche ersetzt. Erzbischof Pilgrim von Köln (1021–1036) soll den ausländischen Mönchen abgeneigt gewesen sein und zu ihrer Ablösung beigetragen haben; der letzte iro-schottische Abt war allerdings erst Alvold, der 1103 starb. Seit 1056 lebte Marianus Scotus für einige Zeit in Groß St. Martin, weshalb angenommen wurde, dass er noch eine Reihe seiner Landsleute dort antraf.

Zur Baugeschichte vermuten Kunsthistoriker, dass die bei Ausgrabungen gefundenen Mauerreste unterhalb der nördlichen Seitenschiffwand, die bis in das erste Joch des bestehenden Baus reichen, zu einer unter Bruno errichteten Kirchen gehörten. Die Westwand hätte etwa sieben Meter weiter nördlich gelegen. Damit hätte sie der Breite der ehemaligen römischen Lagerhalle entsprochen, eventuell handelte es sich auch um den Umbau der Lagerhalle.

Die Vita Annonis berichtet, dass Erzbischof Anno II. (1056–1075) eine Erscheinung des Heiligen Eliphius gehabt habe und daraufhin zwei Türme errichten ließ. Vermutlich wurden sie als Doppelturm am Ostchor errichtet.

Der romanische Neubau im 12.-13. Jahrhundert

1150 vernichtete ein Stadtbrand die Rheinvorstadt, bei der auch die Kirche des Benediktinerklosters in Mitleidenschaft gezogen wurde. Das genaue Schadensausmaß ist nicht bekannt, es wird jedoch vermutet, dass der Brand zum Anlass genommen wurde, den beschädigten Bau komplett abzureißen. In einem ersten Bauabschnitt wurde der Trikonchos erbaut – der einzige bis heute fast unverändert erhaltene Teil. Vierungsturm, Langhaus und Westabschluss wurden im Rahmen späterer Planungen immer wieder umgebaut.

Erzbischof Philipp I. von Heinsberg weihte 1172 den Neubau, der bis dahin aus dem Trikonchos bestand; das Langhaus war vermutlich bereits im Bau. An der nördlichen Apsis war die zweistöckige Benediktuskapelle angefügt. In sie wurde der Leichnam des 1042 verstorbenen Abtes Helias überführt.

Bis zu einem weiteren Brand im Jahre 1185 war das östliche Joch des Langhauses fertiggestellt, auf der Südseite anscheinend auch die folgenden Seitenschiffjoche. Diese stießen auf die Nordwand der dort befindlichen älteren Pfarrkirche St. Brigiden, was vermutlich zu dem Einsprung an der Südwand von Groß St. Martin führte.

Eine weitere Baunachricht ist aus der Zeit des Abtes Simon (1206–1211) überliefert. Der verstorbene Klosterbruder Rudengerus vermachte in seinem Testament unter anderem 7 Taler und 30 Denare zum Ankauf von Steinen .

In der Mitte des 13. Jahrhunderts wurden aus den bereits etwas älteren Wänden über den Seitenschiffen Laufgänge und die Nischen des Triforiums herausgestemmt. Dadurch erreichte man die gewünschte Leichtigkeit. In dieser Zeit wurde das Schiff um fünf Meter verlängert und die zweijochige Vorhalle im Westen ergänzt.

Entwicklungen nach der Fertigstellung: 14. bis 17. Jahrhundert

Nach der Vollendung der Basilika im 13. Jahrhundert wurden bis ins 19. Jahrhundert kaum Modifikationen an der Bauform vorgenommen. Eine Ausnahme bilden Wiederherstellungsmaßnahmen, von denen in den folgenden Jahrhunderten vor allem am Vierungsturm etliche notwendig wurden.

So zerstörte im Jahr 1378 ein Feuer das Dach des Vierungsturms, das anschließend mithilfe von gestiftenen Finanzmitteln, allerdings wohl nur notdürftig, erneuert wurde.
Ein schwerer Sturm verursachte 1434 weitere Schäden: drei der vier Giebel des Turms wurden heruntergeweht; während ein Giebel auf die umliegenden Gebäude des Fischmarktes stürzte, schlugen zwei direkt in die Gewölbe über dem Hochaltar. Die Gewölbe wurden bald wieder instandgesetzt und eine Glocke mit der Jahreszahl 1436 eingehängt.

Reformen unter den Äbten Jakob von Wachendorp (1439–1454) und Adam Meyer (1454–1499) sorgten für eine stabilere Finanzsituation der Benediktinerabtei; davon profitierte auch die Innenausstattung der Kirche, die um einige wertvolle Stücke erneuert wurde, heute noch erhalten sind etwa die Figuren eines Kreuzaltars von 1509.

Statt neuer Giebel am Turm entstand in den Jahren zwischen 1450 und 1460 die charakteristische gotische Knickpyramide als Dach.

Die statisch instabile Konstruktion der westlichen Flankierungstürmchen führte 1527 zum Absturz des südwestlichen auf die an dieser Seite liegende Magdalenenkapelle, die später vollständig abgerissen wurde; das Türmchen wurde zunächst nicht wieder aufgebaut.

Das Innere von Groß St. Martin schmückten seit dem Mittelalter zahlreiche Altäre; diese dürften bereits einer frühbarocken Neuausstattung im 17. Jahrhundert zum Opfer gefallen sein, von der heute jedoch ebenfalls nichts mehr erhalten ist.

18. Jahrhundert und Einflüsse von Barock und Klassizismus

Nachdem 1707 unter Abt Heinrich Obladen das inzwischen baufällige Abteigebäude abgerissen und durch einen Neubau ersetzt worden war, ließ derselbe das Innere von Groß St. Martin neu ausmalen und mit einer neuen, größeren Orgel ausstatten. Die Ausschmückungen trugen die Handschrift des Barock; so gab es etwa goldene Bänder an Säulen, Kuppeln und Wänden, und das Innere wurde mit vier schweren Leuchtern und zahlreichen Kleinodien und Ausstattungsstücken ergänzt.

Die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts brachte etliche Veränderungen an Innenbau und Ausstattung mit sich, von denen sich einige bereits von Zeitgenossen herber Kritik ausgesetzt sahen. Abt Franz Spix, der 1741–1759 die Benediktinerabtei leitete, ließ die Fläche des Vierungsaltars um 2-3 Fuß erhöhen und verlegte den Altar in die hintere Apsis – Ziel war wohl eine prunkvollere Gestaltung der Heiligen Messe. Dass bei dieser Maßnahme die alten Grabplatten der Äbte zerstört wurden und Säulen und Pfeiler nun ohne Sockel aus dem Boden ragten, rief zwar Kritik, etwa bei Oliver Legipont, hervor, konnte aber trotz Protestnoten an päpstlichen Nuntius in Köln nicht verhindert werden.

Rund vierzig Jahre später, zum Ende des 18. Jahrhunderts, wurde Ferdinand Franz Wallraf mit der zeitgenössischen Neuausschmückung der Basilika beauftragt. Wallrafs Programm trug einerseits noch deutliche Züge des Barock in sich, war aber auch bereits vom beginnenden Klassizismus beeinflusst. So wurden Nebenaltäre und Kanzel nun einerseits extrem schlicht gehalten, der Hochaltar jedoch recht opulent, mit deutlichen Anklängen an die griechisch-römische Götterwelt, ausgemalt.

Wenn das Wallrafsche Bildprogramm auch später – von Vertretern des Historismus und der katholischen Erneuerungsbewegung des 19. Jahrhunderts – teils leidenschaftlich kritisiert und als "heidnisch" abgelehnt wurde, so wird es aus kunsthistorischer Sicht heute als "außerordentlich gelungen" eingeschätzt.

Zu den Veränderungen am Innenraum kam 1789 die Entscheidung, den baufälligen nordwestlichen Flankierungsturm abzutragen – so zeigen Ansichten bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts Groß St. Martin nur mit den zwei verbliebenen östlichen Türmchen. Weitere bauliche Maßnahmen betrafen die Hauptapsiden, die zum Teil mit Fenstern versehen wurden, und die Magdalenenkapelle zwischen südlicher Apsis und Seitenschiff, die komplett abgerissen wurde.

Säkularisierung und Restaurierungsarbeiten im 19. Jahrhundert

Seit 1792 führte das revolutionäre Frankreich unter Napoléon Bonaparte Krieg gegen eine Koalition europäischer Regierungen, darunter Österreich und Preußen. Im Rahmen eines Vormarschs nach Osten nahmen die Revolutionstruppen im Oktober 1794 Köln ein und leiteten damit eine 20 Jahre lange Besatzungszeit ein, die die Stadt endgültig aus mittelalterlichen Traditionen und Bräuchen reißen sollte und von Beginn an stark antiklerikal geprägt war. Das Erzbistum Köln hörte 1801 auf zu existieren, und der Kölner Dom  1  wurde zu einer normalen Pfarrkirche. Mit dem Dekret zur Säkularisation vom 9. Juni 1802 wurden alle geistlichen Korporationen der Rheindepartements aufgehoben. Das Martinskloster löste sich infolge dieser Richtlinie am 21. September 1802 auf, und die verbliebenen 21 Mönche mussten sich ein Auskommen außerhalb der Klostermauern suchen; 11 von ihnen übernahmen Pfarrstellen in Köln. Die Kirche St. Brigiden wurde 1805 bis auf den Turm verkauft. In einem Versteigerungsprotokoll zum "Verkauf von National-Gütern" vom 11. und 25. Frimaire des Jahres 14 des französischen Revolutionskalender hieß es:
Die Kirche wurden abgerissen und ihre Reste wurden seit 1812 als Orgeltreppe genutzt. St. Martin fungierte von nun an als Pfarrkirche mit dem ehemaligen Abt Felix Ohoven als neuem Pfarrer.

Das verlassene Abteigebäude diente in den Folgejahren zunächst einigen der ehemaligen Mönche, seit 1808 französischen Veteranen als Wohnraum. Die zunehmende Baufälligkeit der Gebäude führte 1821 zu ihrer Räumung und 1822 zum teilweisen Abriss durch die Stadt; der Kreuzgang blieb noch bis 1839 erhalten, bevor er ebenfalls niedergelegt wurde. Während eines zweitägigen Besuchs Victor Hugos in Köln im Rahmen seiner Rheinreise wurde der Dichter Zeuge der letzten Abrissarbeiten:

Insgesamt bot Groß St. Martin gegen Mitte des 19. Jahrhunderts einen recht trostlosen Anblick: Immer noch fehlten die zwei westlichen Flankierungstürmchen, und die Nordseite, an der sich früher die Abteigebäude angeschlossen hatten, war schmucklos und hatte praktisch keine Fenster.

Seit dem Jahr 1843 beteiligte sich die Stadt Köln finanziell an der Wiederherstellung der Kirche. Eine neue in romanischen Formen gehaltene Sakristei an der Nordapsis und die neue Seitenschiffwand gehörten zu den ersten Arbeiten; 1847 wurde zunächst der nordwestliche Flankierungsturm wieder ergänzt. Pläne von Heinrich Nagelschmidt, die gesamte Basilika umfassend zu restaurieren, wurden seit 1861 umgesetzt. Auch hier übernahm die Stadt Köln die Hälfte der Restaurierungskosten von rund 32000 Talern. Groß St. Martin erhielt bis 1875 ein neues Dach, einen erneuerten Westgiebel, neue Fenster im südlichen Seitenschiff und schließlich auch wieder das vierte Flankierungstürmchen. Die Vorhalle wurde um die Hälfte gekürzt.

Auch das Innere der Kirche sollte erneuert werden. Hierzu verwarf der mit der Aufgabe betraute August Essenwein, Direktor des Germanischen Museums in Nürnberg, die klassizistische Ausmalung vom Ende des 18. Jahrhunderts und versuchte ganz im Geist des Historismus, mit der Ausschmückung von Gewölben, Wänden und Boden die authentische Bildsprache des Mittelalters zu treffen.

Essenwein war bewusst, dass sein Projekt auch aus materiellen Gründen nur Schritt für Schritt realisiert werden würde; er entwarf deshalb im Rahmen seines einheitlichen Gesamtkonzepts für jeden Teil der Kirche einzelne Bilderzyklen, die für sich allein stehen konnten. Dabei sollte die Arbeit von Osten nach Westen voranschreiten, vom "Wesentlichen zum minder Wesentlichen", und der Boden zum Schluss gestaltet werden.

Die drei Haupträume der Basilika – Vorhalle, Langhaus und Trikonchos – sollten von West nach Ost die gesamte Heilsgeschichte in aller Detailtreue und Ausführlichkeit zeigen. Traditionell sollte dabei die Vorhalle dabei mit ihren (noch) zwei Kreuzgewölben das Paradies repräsentieren; geplant waren acht Motive von der Schöpfungsgeschichte bis zum Sündenfall und der Vertreibung aus dem Garten Eden. Beim Eintritt durch das Kirchenportal symbolisierte ein Lamm die Erlösung.

Im Langhaus wurde das menschliche Leben und die Welt sowie die menschlichen Beziehungen in allen ihren Facetten zu Gott und den Heiligen dargestellt, chronologisch gesehen außerdem der Alte Bund, also die alttestamentarische Zeitspanne zwischen Sündenfall und christlicher Erlösung. Das erste Gewölbe enthielt Allegorien für den Wechsel der Zeiten, das zweite widmete sich dem irdischen Raum und seinen Geschöpfen: Elemente, Wetter, Pflanzen, Tiere. Im dritten Joch präsentierte sich der außerirdische, unendliche Raum dem Betrachter: Sonne, weitere Gestirne und Himmelsgewölbe, dazu Tierkreiszeichen und Mondphasen. Die Pfeiler schmückten aber auch Bilder derjenigen weltlichen Herrscher, die sich um die Verbreitung des christlichen Glaubens verdient gemacht hatten: Konstantin der Große, Karl der Große, Gottfried von Bouillon und Balduin von Flandern. Entlang der Seitenschiffe schlossen sich Motive aus dem Leben der in dieser Kirche besonders verehrten Heiligen an.

Das Zwischenjoch sollte in seiner Ausschmückung eine Vermittlerrolle zwischen den Darstellungen des Langhauses und denen des Altarraums einnehmen: Aus dem Gewölbe sollte sich bildlich die göttliche Gnade auf die Menschen ergießen, der Fußboden stellte die im Mittelalter bekannten drei Erdteile dar.

Im Altarraum endlich schloss sich der Bilderzyklus in der Vierung und den Apsiden mit der Darstellung der ganzen göttlichen Herrlichkeit mit Dreifaltigkeit, Engelschören und dem himmlischen Jerusalem der Johannesoffenbarung.

Umgesetzt wurde der große Ausschmückungsplan in modifizierter und vereinfachter Form seit 1868 durch den Kölner Maler Alexius Kleinertz; die Pläne für die Vorhalle wurden beispielsweise nicht realisiert. Der hochgebaute Altarraum wurde wieder auf die ursprüngliche Ebene gebracht, eine neue Orgel und neues Mobiliar angeschafft. 1885 waren die Arbeiten abgeschlossen.

Die letzten größeren Arbeiten des 19. Jahrhunderts betrafen die Häuserzeilen rund um die Ostseite der Basilika, die 1892 abgerissen wurden, um einen freien Blick auf den Kleeblattchor zu schaffen, sowie das Turmdach, das 1894 eine neue Helmspitze erhielt.

Zerstörung durch Luftangriffe im Zweiten Weltkrieg

Bis auf einige Sicherungsarbeiten in den Jahren 1909 bis 1913, an die heute eine Gedenktafel am nördlichen Seitenschiff erinnert, blieb Groß St. Martin im Wesentlichen bis zum Zweiten Weltkrieg im beschriebenen Restaurierungszustand des 19. Jahrhunderts erhalten.

Fünf der zahlreichen Luftangriffe auf Köln zwischen 1940 und 1945 beschädigten Groß St. Martin erheblich.

Bei dem ersten britischen Tausend-Bomber-Angriff der Kriegsgeschichte in der Nacht vom 30. auf den 31. Mai 1942 verbrannten Turm- und Langhausdach vollständig, außerdem wurde der Sakristeibau an der Nordapsis, die viele alte Ausstattungsgegenstände beherbergte, zerstört. Anfang 1943 erhielt die beschädigte Basilika ein Notdach, und auch die Sakristei wurde wieder aufgebaut.

Bei einem der schwersten Flächenangriffe am 29. Juni 1943, dem so genannten Peter-und-Paul-Angriff, der in Köln 4377 Todesopfer forderte, sowie einer Bombardierung im Oktober 1943 fielen die Schäden an Groß St. Martin vergleichsweise gering aus; die Benediktuskapelle an der nördlichen Konche sowie Glasfenster und Tür wurden zerstört.

Am 6. Januar 1945 stürzten die Zwerggalerien aller drei Apsiden fast vollständig ein. Die Mauern des Vierungsturms wurden durch einen Volltreffer stark beschädigt, von den vier Flankierungstürmchen blieb nach diesem Luftangriff nur der nordöstliche unversehrt. Langhaus- und Chorgewölbe waren bis dahin weitestgehend erhalten geblieben.

Der letzte große Luftangriff am 2. März 1945 richtete die verheerendsten Schäden an; beim Einmarsch der amerikanischen Truppen im linksrheinischen Köln vier Tage später standen nur noch der untere Teil des Trikonchos sowie die Seitenwände des Langhauses; Vierungsturm und Stummel der Flankierungstürme ragten aus der zu 95% zerstörten Altstadt hervor. Fast alle Gewölbe waren durchlöchert oder eingestürzt.

Obwohl das neben dem Dom markanteste Wahrzeichen der Kölner Stadtsilhouette einen insgesamt desolaten Anblick bot, ergab eine genauere Analyse der Bauschäden ein besseres Bild als erwartet: So gruppierte Kunsthistoriker Franz Graf Wolff Metternich die Basilika 1947 der Gruppe der nur "mittelschwer beschädigten Kirchen" Kölns zu. Eine Baubesichtigung durch Sachverständige im Jahr 1946 habe ergeben, dass eine Wiederherstellung weniger ein künstlerisches, als vielmehr ein technisches Problem darstelle.

Wiederaufbau und Restaurierung

Ob und wie man Groß St. Martin wieder aufbauen sollte, wurde bereits in den ersten Nachkriegsjahren kontrovers diskutiert. Sollte die Ruine als Mahnmal unverändert stehen bleiben, etwas ganz neues geschaffen werden, oder der alte Zustand wieder hergestellt werden? Und: welcher Zustand war der erhaltenswerte, der "originale"? Letztere Frage bezog sich besonders auch auf die Gestaltung des Innenraumes der Basilika. Die historistischen Ausschmückungen August Essenweins aus dem 19. Jahrhundert, von denen einiges erhalten war, galten manchen als stilistischer und handwerklicher Missgriff.

Eine Vortragsreihe im Winter 1946/47 mit dem Thema "Was wird aus den Kölner Kirchen", an der unter anderem namhafte Politiker, Künstler, Denkmalpfleger und Architekten teilnahmen, spiegelt die Debatte wider: Argumente, ein getreuer Nachbau des Zustandes von vor 1939 münde in ein billiges Colonia Aggrippinensis Attrapolis, eine "Scheinwelt" voller "ärgerlicher Kopien" (Carl Oskar Jatho), standen neben erheblicher Skepsis, insbesondere den Turm von Groß St. Martin wiederaufzubauen. Häufig wird dazu Otto Förster, der damalige Leiter des Wallraf-Richartz-Museums zitiert:

Die Skeptiker eines Wiederaufbaus setzten sich jedoch nicht durch; unter Leitung des Architekten Herbert Molis und des Statikers Wilhelm Schorn begannen schon 1948 erste Wiederaufbau- und Sicherungsarbeiten. Bis 1954 erhielten die Konchen ihre Zwerggalerien – provisorisch mit Ziegeln gemauert – zurück. Ab 1955 wurde mit dem Wiederaufbau des Langhauses begonnen, das bis 1971 wieder mit Westwand und Dach versehen wurde. Seit 1961 zeichnete der Kölner Architekt Joachim Schürmann für die weitere Erneuerung von Bau und Ausstattung verantwortlich; sein Konzept gilt als maßgeblich für den heutigen Zustand der Kirche. Der Vierungsturm hatte 1965 seine alte Gestalt und damit Köln ein wichtiges Wahrzeichen zurück.

Dem sich über 40 Jahre hinstreckenden Wiederaufbau verdankt Groß St. Martin vermutlich den Erhalt der Innenbemalung des 19. Jahrhunderts. Stand dieser zur Mitte des 20. Jahrhunderts unter Denkmalpflegern und Kunsthistorikern noch in der Kritik, vollzog sich in den 1970er und 80er Jahren ein Wandel in der Wertschätzung der historistischen Epoche. Künstler und Restauratoren des 19. Jahrhunderts hatten schließlich auf die noch vorhandenen Relikte des Mittelalters zurückgegriffen und den Raum zu einem neuen Bild dessen geformt, was sie als "ganz im mittelalterlichen Geiste" verstanden . Heute ist Groß St. Martin die einzige der romanischen Kirchen in Köln mit erhaltenen Ausmalungsfragmenten des 19. Jahrhunderts. Zu einer erneuten Vervollständigung der Bemalung des Innenraums konnte und wollte man sich hingegen nicht entschließen.

Nachdem zwischen 1982 und 1984 auch die neuen Fußböden verlegt waren – auch hier sind Teile der Essenweinschen Bodenmosaike erhalten – und im Anschluss die Innenausstattung restauriert wurde, öffnete sich Groß St. Martin am 13. Januar 1985 nach 40 Jahren erstmals wieder für die Öffentlichkeit. Die Altarweihe am 22. Juni nahm der Kölner Erzbischof Joseph Kardinal Höffner vor; bei diesem Anlass hinterlegte er Reliquien der Heiligen Birgitta von Schweden, Sebastianus und Engelbert von Köln im Reliquiensepulcrum des Altars.

Gemeindeleben und Denkmalschutz

Als ein Grund für die sehr lange Restaurierungszeit wird genannt, dass es nach dem Zweiten Weltkrieg keine Pfarrgemeinde für St. Martin mehr gab; sie wurde nach dem Zweiten Weltkrieg aufgelöst und die verbliebenen Mitglieder der Pfarrgemeinde des Kölner Doms zugewiesen. So fehlte die bei anderen Kölner Kirchen vorhandene treibende Kraft, den Gottesdienstraum möglichst schnell wiederherzustellen und der Fokus lag zunächst vor allem auf der Erneuerung des Turmes als Schwerpunkt im Stadtbild.

Gottesdienste werden seit der Wiedererrichtung ausschließlich von katholischen Kategorialgemeinden auf Spanisch, Portugiesisch und Filipino durchgeführt .

Darüber hinaus ist die Kirche stundenweise für Gläubige und Besucher geöffnet und wird in dieser Zeit vom Förderverein Romanische Kirchen Köln e.V betreut. Dieser Verein führt von Zeit zu Zeit auch Führungen in Groß St. Martin durch.

Baubeschreibung

Groß St. Martin ist eine dreischiffige Pfeilerbasilika mit dreieinhalb Jochen, deren quadratischer Chor von drei großen halbrunden Apsiden eingefasst ist, die zusammen eine Kleeblattform bilden (Trikonchos). In Ost-Westrichtung ist sie rund 50 Meter lang, das Mittelschiff ist zehn, das Querschiff über 27 Meter breit. Über dem quadratischen Chor ragt ein 75 Meter hoher Turm empor, der von vier achteckigen Türmchen flankiert wird.

Außenbau

Im Außenbau zeigt sich deutlich ein Gestaltungsprinzip der staufischen Romanik: die Komplexität der Formen und Strukturen steigert sich jeweils horizontal von Westen nach Osten und vertikal vom Sockel bis zum obersten Turmgeschoss.

Trikonchos und Vierungsturm

Im Osten, von Rhein und Fischmarkt aus gesehen, wirkt der Turm zusammen mit dem Trikonchos als bauliche Einheit. Nach Süden, Osten und Westen sind - von den flach heraustretenden Giebeln des Querhauses unterbrochen - die Konchen mit ihren halbkegelförmigen Dächern angesetzt.

Runde Formen dominieren die unteren beiden Geschosse: Konchen und Turm umzieht ein Kranz von flach strukturierten, auf Lisenen gestützten Rundbogenfriesen. An die nördliche Konche schließt sich dazu noch ein niedriger Sakristeibau an; außerdem öffnet sich diese Konche nach Nordost mit einem Portal. Das erste Obergeschoss ähnelt dem unteren, die Rundbögen sind jedoch nun stärker ausgeprägt: statt der flachen Lisenen sind die Bögen an den Konchen durch runde Dreiviertelsäulen gestützt, und pro Halbrund öffnen sich drei der Rundbögen als Fenster.

Der Übergang von den beiden Geschossen zum Dach wird von einem Plattenfries und einer offenen Zwerggalerie mit kleinen Rundbögen gebildet, die sich optisch als horizontales Band um die Einheit aus Turm und Konchen legt. Die nach oben zunehmende Tiefe der Struktur, von flachen Lisenen über Fensterbögen bis hin zu der völligen Öffnung zur Galerie hin, findet hier ihren Abschluss.

Über den Konchendächern werden die Rundungen von flachen Bauformen abgelöst: die spitzen Giebel des Quer- und Langhauses sind an ihrer Stirnseite mit einer Rosette strukturiert; rechts und links davon öffnet sich ein kleines, vierpassförmiges Fenster.

Seitlich der Giebelfüße treten nun die achteckigen Flankierungstürme hervor: ihr erstes Geschoss reicht bis zur Traufe der Lang- und Querhausgiebel. Auf dieser Höhe erhebt sich nun der mächtige Vierungsturm aus dem Gesamtbau heraus und tritt als separater Baukörper in Erscheinung. Die bis auf diese Höhe aufgetretenen Formen – Bogenfriese mit Lisenen, Rundbögenfenster mit Säulen sowie säulengestützte, offene Galerien – finden sich im weiteren Baukörper immer wieder:

Direkt über den Giebelspitzen umgreift ein Plattenfries und eine der Zwerggalerie ähnliche Rundbogenblende alle fünf Turmelemente, sodass sie optisch wie durch ein Band zusammengefasst wirken. Dabei sind die Rundbögen im Hauptturm schlanker als in den Achteckflächen der Flankierungstürme angelegt. Das oberhalb befindliche Gesims umläuft ebenso alle fünf Turmkörper und bildet gleichzeitig den Übergang zu den beiden letzten Geschossen des Vierungsturms, der ab hier mit seiner Fassade etwas zurücktritt.

Diese Fassade variiert ebenfalls Bauelemente der Untergeschosse: die hohen, rechteckigen Flächen werden durch Lisenen mit je vier bzw. fünf Rundbögen am oberen Rand strukturiert, öffnen sich jedoch zusätzlich durch je ein großes, doppeltes Arkadenfenster nach innen. Auch auf den Flächen der Ecktürmchen ist die Fortführung dieser Elemente in vereinfachter Form zu erkennen.

Wo die Fassade durch ein Gesims endet und der Turm in sein hohes Knickdach übergeht, ragen die Flankierungstürmchen noch mit zwei kleinen Geschossen frei in die Höhe und schließen mit einem gefältelten Pyramidendach ab. Die vorherigen Motive Plattenfries, Blendbögen und Galerie finden sich auch in diesen beiden Geschossen in verkleinerter Form wieder.

Langhaus

Das vergleichsweise kurze Langhaus erstreckt sich mit zwei schmalen Seitenschiffen vom Chor in Richtung Westen.

Die Aufteilung in dreieinhalb Joche spiegelt sich an der Nordseite außen in den Wänden von Seitenschiff und Obergaden: jeweils vier hohe, schmale Flächen sind mit Lisenen und Bogenblenden struktriert. Drei der Seitenschiffwände sind mit großen Rundfenstern versehen, die darüber liegenden Flächen des Obergadens öffnen sich hingegen mit schmalen, hohen Rundbogenfenstern.

Die Südfassade des Langhauses ist bis auf die kreisrunden Fenster schmucklos, da hier die Pfarrkirche St. Brigiden Wand an Wand mit Groß St. Martin stand; die ehemalige bauliche Einheit mit der älteren Pfarrkirche zeigt sich am deutlichsten in einem zweifachen Rücksprung und einer leichten Schrägung der Seitenschiffwand, die durch den Turm von St. Brigiden verursacht war; darüber hinaus sind die Fundamentumrisse von St. Brigiden im Kopfsteinpflaster vor und neben Groß St. Martin angedeutet.

Auch heute ist der Blick auf die Südseite des Langhauses überwiegend verbaut, hier liegt das Internationale Zentrum Groß St. Martin, dessen Pforte nur Durchlass in einen kleinen Innenhof und den südlichen Seiteneingang der Basilika gewährt.

Die Stirnseite des Langhauses ist leicht asymmetrisch gestaltet: am nördlichen Seitenschiff streben die bereits bekannten hohen Rundbogenblenden entlang der Ortgänge - an der Dachschräge der Seitenschiffgiebel entlang - in die Höhe, die Südfassade ist schlicht und ohne Schmuck.

Während sich im nördlichen Seitenschiff ein hohes, schmales Maßwerkfenster mit spätgotischem Spitzbogen öffnet, gibt es im Süden nur zwei kleine Rundbogenfenster. Einen Großteil der ebenfalls durch Rundbogenfriese strukturierten Fassade des Mittelschiffs im Obergeschoss nimmt eine Gruppe von drei hohen, schlanken Rundbogenfenstern ein.

Durch ein reich ornamentiertes Portal öffnet sich der Eingang zum Mittelschiff; ein gotischer Spitzbogen stützt sich auf je vier Säulen, von denen die äußere rechte leicht asymmetrisch mit einem größeren Abstand zum Portal steht. Drei der Säulen setzen sich nach oben im Spitzbogen als Archivolte fort; zwei von ihnen sind in äußerst filigraner Steinmetzarbeit gearbeitet, dazu kommt auf einem Säulenpaar je eine kleinen Löwenfigur. Die Asymmetrie des Westbaus geht auf die ehemalige Vorhalle an dieser Stelle zurück, die bei der Rekonstruktion nach dem Zweiten Weltkrieg nicht wieder aufgebaut worden ist, deren Fundamente jedoch im Boden angedeutet sind.

Innenraum

Beim Innenraum der Basilika sind zwar unterschiedliche Bauphasen zu unterscheiden, so weisen Teile des Langhauses gegenüber dem romanischen Vierungsturm deutlich gotische Einflüsse auf, insgesamt gehen die Bestandteile jedoch ohne Brüche harmonisch ineinander über.

Langhaus

Das Mittelschiff stützt sich im Westen zunächst auf drei breite romanische Pfeilerarkaden, die es zu den Seitenschiffen hin öffnen. Ein die drei Mittelschiffwände oberhalb umlaufendes Gesims bildet die Basis für das Triforium im Obergeschoss: hier wird der Übergang zum Obergaden durch drei rundsäulengestützte gotische Bogenarkaden pro Rundbogen im Untergeschoss gebildet. Dahinter öffnet sich ein schmaler Laufgang.

Die insgesamt sechs Flächen des Obergadens, also des über dem Seitenschiff liegenden Langhaus-Obergeschosses, öffnen sich mit je einem großen Rundbogenfenster.

An der Westwand wird die dreifache Unterteilung fortgesetzt: Im Untergeschoss öffnet sich das Portal in einer Gruppe von Rundbögen, deren äußere hohe, schmale Muldennischen bilden. Beinahe die gesamte Fläche oberhalb des Portals und des genannten Gesimses wird von einer großen Rundbogenfenstergruppe gebildet.

Die drei hohen, quadratischen Joche des Langhauses stützen sich auf Rundsäulen, die sich bis zur Jochspitze als dünne Wulste entlang der Spitzbogenform des Gewölbes fortsetzen.

Einen Übergang zwischen Langhaus und Chor bildet östlich das Zwischenjoch, das sich deutlich von den drei westlichen Jochen unterscheidet. Es ist in seiner Grundform rechteckig, und hier steigen kräftige Gruppen von Rundsäulen direkt vom Boden durchgehend bis ins Gewölbe empor. Ein Gesims, ähnlich dem der westlichen Joche, liegt deutlich niedriger als bei diesen. Im Obergeschoss wird der Übergang zum Gewölbe ebenfalls von einer Bogenarkade gebildet, diese aber anders als im Langhaus noch deutlich romanisch; der mittlere der drei Rundbögen erhebt sich über die beiden seitlichen.

Eine Besonderheit des Zwischenjochs ist die südwestliche Säule, die das einzige skulptierte Kapitell der Basilika trägt: Die Köpfe eines Mannes und einer Frau mit Zöpfen – oftmals interpretiert als eine Darstellung der legendären Gründer Pippin und seiner Gattin Plektrudis.

Seitenschiffe

Wie schon am Außenbau ersichtlich, unterscheiden sich nördliches und südliches Seitenschiff, da sich im Süden Wand an Wand die ältere Brigidenkirche anschloss und die Bauform dort beeinflusste. Beide Seitenschiffe öffnen sich mit je drei großen kreisrunden Fenstern nach Nord und Süd; von den zwei Seiteneingängen wird heute nur der südliche genutzt; im nördlichen Seitenschiff befindet sich eine Treppe mit dem Eingang zur Krypta und den römischen Ausgrabungen.

Den drei quadratischen Westjochen entsprechen nördlich und südlich jeweils längsrechteckige Kreuzgratgewölbe; dem rechteckigen Zwischenjoch dagegen schließt sich je ein quadratisches Seitenschiffgewölbe an. Fällt das schmalere südliche Seitenschiff an den Längswänden zunächst nicht sehr ins Auge, so wird der Unterschied an der Westwand besonders deutlich: Im Norden breiter, mit einer großzügigen Mulde ähnlich dem Mittelschiff gestaltet, ist die südwestliche Seitenschiffwand nur eine schmale Nische; hier stand der Turm der Brigidenkirche.

Chor

An die quadratische Grundfläche des Chorraums mit etwa 10 Metern Kantenlänge schließen sich an den drei östlichen Seiten zunächst drei monumentale Rundbögen – in der Größe sich dem Zwischenjoch annähernd – an; diese haben fast die Höhe der drei Langhausstockwerke. Die Bögen bilden den Übergang zwischen Chor und den ebenso hohen, halbrund gewölbten Konchen.

Gestützt wird das baldachinartige Deckengewölbe und die seitlichen Bögen durch hohe, kräftige Säulengruppen. Ein Gesims zieht sich auf halber Höhe – etwas niedriger als im Zwischenjoch – an den Außenmauern entlang und stützt die darüberliegenden Rundbogenarkaden. Bei diesen wechselt sich je ein schmaler Bogen mit einem breiteren für die je drei Fensteröffnungen pro Apsis ab. Zwischen Säulenarkaden und Fenstersims verläuft ebenso wie im Mittelschiff ein schmaler Gang, der in den Zwischenbögen des Chors zu kleinen Treppenhäusern in die Zwerggalerie und in die Räume oberhalb der Seitenschiffe führt.

Der Boden der östlichen Apsis liegt etwa neun Stufen höher als der des restlichen Chors, und aus der nördlichen Apsis öffnen sich nordwestlich das große Nordportal und – über einen schmalen Treppenaufgang – eine vergitterte Tür zur ehemaligen, heute als Schatzkammer dienenden Sakristei, die allerdings für die Öffentlichkeit gewöhnlich unzugänglich ist. Entlang der Erdgeschosswände aller drei Apsiden verlaufen von Säulen begleitete Muldennischen, in denen im Süden Engelsfiguren aufgestellt sind. Die Nischen in Nord- und Ostkonche sind dagegen leer.

Ausstattung

Von der älteren Ausstattung der Kirche war bereits im 19. Jahrhundert wenig erhalten, und von den bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts vorhandenen Altären, Skulpturen und Kunstgegenständen fiel ein Großteil der Kriegszerstörung zum Opfer. Die heutige Innenausstattung setzt sich aus einigen wenigen erhaltenen Objekten aus dem 13. bis 16. Jahrhundert, einer Reihe von zugekauften und gestifteten Kunstwerken aus verschiedenen Epochen sowie einigen modernen, aus den 1980er Jahren stammenden Stücken zusammen. Nachfolgend werden die wichtigsten ausführlicher beschrieben und weitere kurz aufgelistet.

Überreste des Heiligkreuzaltars

Ein Kreuzaltar, 1509 durch den Kölner Bürgermeister Johann von Aich gestiftet, hat mehrfach seinen Aufstellungsort gewechselt: In den Entwurfszeichnungen Essenweins aus dem 19. Jahrhundert steht er noch an der Nordwand, allerdings ohne den steinernen Rankbogen, der vermutlich hinter Putz gelegt worden war; zu Beginn des 20. Jahrhundert hingegen wird er an der mittleren Nordsäule des Langhauses beschrieben. In beiden Fällen ist die Kreuzigungsgruppe oberhalb des Altares angebracht, eine Grablegungsgruppe hingegen als Unterbau des Altartisches.

Heute steht das Ensemble der Kreuzigungsgruppe wieder am vermuteten Originalstandort im Westen der nördlichen Seitenwand, wo man nach den Kriegszerstörungen den Steinbogen erst im Zuge der Restaurierungsarbeiten wiederentdeckt hatte; die Grablegungsgruppe wurde in einer ebenfalls in dieser Zeit wieder offengelegten Nische wenige Meter rechts daneben untergebracht. (1)

Kreuzigungsgruppe

Die Skulpturen der Kreuzigungsgruppe bestehen aus dem gekreuzigten Christus, seiner Mutter Maria und dem Apostel Johannes. Von dem Figurenschmuck des die Gruppe umrankenden gotischen Sandsteinbogens sind nur drei kleine Statuetten erhalten, die Adam und Eva sowie vermutlich einen Propheten darstellen; der Rest des Bogens ist völlig verwittert.

Als Schöpfer der Altarskulpturen gilt Tilman van der Burch, einer der wenigen urkundlich erwähnten Kölner Bildhauer und Bildschnitzer des ausgehenden 15. Jahrhunderts. Seine Christusfigur am Kreuz ist anatomisch genau und mit realistischen Details gestaltet; die Augen sind bis auf einen kleinen Schlitz geschlossen, auf dem Gesicht zeigen sich die Schmerzen; Rippenbögen treten deutlich hervor und die Seitenwunde ist groß und deutlich zu sehen. Die Figuren von Maria links und Johannes rechts davon bilden in ihren Haltungen einen Gegensatz. Im Gesamtensemble ist das Paar jedoch gut aufeinander abgestimmt: während Maria in ruhiger Trauer nach unten schaut, richtet sich Johannes mit Pathos in Blick und Gestik nach oben hin zum Gekreuzigten. (1)

Grablegungsgruppe

Dem Kreuzaltar stilistisch zugeordnet wird die so genannte Grablegungsgruppe, die neben dem toten Christus ursprünglich sieben als Dreiviertelfiguren angelegte Skulpturen umfasste; eine der Frauenfiguren ist seit dem Zweiten Weltkrieg verschollen. Da die Figuren von Johannes und Maria in Ausführung und Physiognomie der der Kreuzigungsgruppe sehr ähneln, geht man von davon aus, dass sie aus der Werkstatt desselben Künstlers, eben Tilman van der Burch, stammen.

Der tote Christus ist hier ebenso wie am Kreuzaltar mit anatomischen Details wie hervortretenden Adern und deutlich erkennbaren Wunden der Dornenkrone dargestellt; er liegt mit leicht nach links geneigtem Haupt im Zentrum auf einem Leintuch, das am Kopfende von Nikodemus, am Fußende von Josef von Arimathäa gehalten wird. Maria, erkennbar an ihrem schlichten blauen Gewand, hebt den Arm des Leichnams leicht an, so dass die Kreuzigungswunde an der rechten Hand deutlich gezeigt wird. Zu ihrer Linken steht Johannes als dritte, sehr jünglingshaft gezeichnete männliche Figur des Ensembles. Während Jesus und die Figuren an Kopf- und Fußende fast lebensgroß sind, erscheinen die Büsten der Frauen und Johannes deutlich kleiner, so das sie perspektivisch als Hintergrund wirken. Die Maria am nächsten stehende Klagefrau wird in der Literatur vereinzelt als Maria von Magdala interpretiert.

Die ursprünglich drei weiteren, von Maria aus rechts stehenden Frauenfiguren, von denen zwei erhalten sind, fallen ebenso wie die beiden Männerskulpturen an Kopf- und Fußende durch eine sehr reichhaltige und detailliert ausgeführte zeitgenössische Kleidung auf. (2)

Staufischer Taufstein

Direkt vor der Kreuzigungsgruppe steht heute ein Taufbecken aus hellem Kalkstein, das aufgrund seiner Form und Ornamentik zu den interessantesten Steinarbeiten aus der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts gezählt wird.

Der Taufstein hat eine längliche, achteckige Grundfläche; sein Rand ist von außen mit einem Fries von acht großen Wasserrosen versehen, die sich gleichmäßig über die unterschiedlich breiten Seitenflächen verteilen und so auch über die Kanten hinweg verlaufen. An vier Ecken sitzen Löwenköpfe; aus ihren Mäulern entwickelt sich ein schmaleres Akanthusfries, das den oberen Rand des Taufbeckens bildet.

Bis zur Kriegszerstörung hatte das Taufbecken einen kupfernen Deckel; die heutige moderne Bronzeabdeckung stammt von dem Bildhauer Karl Matthäus Winter aus Limburg an der Lahn, der darauf Szenen aus dem Alten und Neuen Testament zu einem Bilderfries verarbeitete.

Man vermutet, dass das Taufbecken ursprünglich aus der älteren Brigidenkirche übernommen wurde; diese erhielt 1510 ein neues Taufbecken aus Messing und es ist wahrscheinlich, dass das ältere Stück in die Martinskirche übernommen wurde. Einige Legenden bis in das 20. Jahrhundert besagten, dass es sich ursprünglich um ein Geschenk des Papstes Leo III. gehandelt habe. (3)

Dreikönigstriptychon

Ein Triptychon, das heute am nordöstlichen Langhauspfeiler hängt, stammt vermutlich aus einer niederrheinischen Werkstatt und ist um 1530 entstanden. Es zeigt drei Szenen aus der Kindheit Jesu, gemalt in der Bildsprache der niederländischen Renaissance: in der Mitte die Anbetung der Könige, links Maria und Josef in stiller Anbetung ihres Sohnes, und auf dem rechten Seitenflügel die Beschneidung des Jesuskindes.

Das insgesamt 72 cm breite und 102 cm hohe Bild ist in Öl auf Holz ausgeführt und stammt aus dem ursprünglichen Besitz von Groß St. Martin als Abteikirche. (5)

Stadtplan Groß St. Martin

Groß St. Martin Stadtplan

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